Internationaler Nonino Preis 2017

Pierre Michon

 

BEGRÜNDUNG

Als Kultautor betrachtet, ist sein Schreiben wie der Marmor, der „Michelangelos Gefängnissen“ umhüllt, ein mysteriöser Entwurf für die Welt, aber für denjenigen, der ihn zu lesen versteht, ein Meisterwerk.

Im “Leben der kleinen Toten” (Verlag Suhrkamp bzw. Adelphi) verwandeln sich die Erzählungen in Fresken, in denen Existenzen, die angeblich klein und unbedeutend sind, außerordentlich werden, Paradigma unseres Seins, Schlingen zu einer Urwelt, die die tiefe Seele unserer Kultur ist.

LEBENSGESCHICHTE

Pierre Michon ist ein französischer Schriftsteller, der am 28. März 1945 in Cards, einem Ortsteil von Châtelus-le-Marcheix im Département Creuse, geboren wurde.

Nachdem sein Vater die Familie verlassen hatte, wurde er von der Mutter, einer Lehrerin, erzogen. Er verbrachte seine Kindheit in Mourioux und dann im Internat, am Gymnasium Guéret in Creuse. An der Universität Clermont-Ferrand begann er ein Literaturstudium und schrieb an einer Magisterarbeit über Antonin Artaud. Danach reiste er durch ganz Frankreich, da er sich einer kleinen Theatergruppe angeschlossen hatte, ohne jedoch eine feste Anstellung zu haben. Im Alter von 37 betrat er die Welt des literarischen Lebens mit der Veröffentlichung von „Vies minusules“ („Leben der kleinen Toten”), der als Meisterwerk der gegenwärtigen französischen Literatur betrachtet wird. Jahre später erzählte er, dieses Buch habe ihm das Leben gerettet. Pierre Michon hat eine Tochter, Louise, die 1998 geboren wurde.

Pierre Michons Stil ist zuallererst eine hartnäckige Arbeit an der Sprache, und in diesem Sinn kann man Michons Werk als Dichtung in Prosa bezeichnen. Jedes Wort wird mit Genauigkeit und Sorgfalt gewählt. Seine Schreibweise ist mündlich. Jeder Satz besitzt eine Musikalität, die einige Autoren dazu veranlasst hat, in seinen Schriften den Einfluss der gesungenen Lieder der mittelalterlichen Troubadoure zu sehen. Sein Verhältnis zur Malerei ist sehr tief. Seine Werke sind ins Deutsche, Holländische, Italienische, Spanische, Griechische, Portugiesische, Polnische, Serbische, Tschechische, Norwegische und Englische übersetzt worden. Der Verlag Adelphi wird demnächst sein Buch „Le Onze“ („Die elf“), das 2009 mit dem Grand Prix du Roman de l’Académie Française ausgezeichnet wurde, veröffentlichen.

Werke

Vies minuscules, Gallimard, 1984 („Leben der kleinen Toten“, 2004)

Vie de Joseph Roulin, Verdier, 1988 („Das Leben des Joseph Roulin“, 1990)

L’Empereur d’Occident (Illustrationen Pierre Alechinsky), Fata Morgana, 1989; Verdier Poche, 2007

Maîtres et serviteurs, Verdier, 1990. Traduzione italiana di Roberto Carifi, Padroni e servitori, Guanda, 1990. (“Herr und Diener”, 1994)

Rimbaud le fils, Gallimard, 1991 (“Rimbaud der Sohn“,2008)

La Grande Beune, Verdier, 1995; Folio-Gallimard, 2006 („Die Grande Beune, 2011)

Le Roi du bois, Verdier, 1996

Mythologies d’hiver, Verdier, 1997

Trois auteurs: Balzac, Cingria, Faulkner, Verdier, 1997

Abbés, Verdier, 2002

Corps du roi, Verdier, 2002 («Körper des Königs, 2015)

Le Roi vient quand il veut: propos sur la littérature, Albin Michel, 2007

Les Onze, Verdier, 2009; Folio-Gallimard, 2011. Grand Prix du roman de l’Académie française.  («Die Elf», 2013)

Preise und Auszeichnungen

Prix France Culture 1984  für “Leben der kleinen Toten”

Prix de la Ville de Paris für das Gesamtwerk 1996

Prix Louis-Guilloux 1997 für “Die Grande Beune”

Prix Décembre 2002 für “Abbés” und “Körper des Königs“

Grand prix de littérature de la SGDL für das Gesamtwerk 2004

Grand prix du Roman de l’Académie française 2009 für “Die Elf”

Petrarca Preis für das Gesamtwerk  2010

Grand prix Ardua (Universités d’Aquitaine) für das Gesamtwerk 2013

Prix Marguerite Yourcenar für das Gesamtwerk 2015

Theaterbearbeitungen

Gesamtaufführung von «Vies minuscules», Inszenierung von Jean-Christophe Cochard, Théâtre de l’Argile

«Vie de Joseph Roulin», Inszenierung von Guillaume Delaveau (Le Grand T, Nantes, 2009)